Die MEDIATHEK hinter den KULISSEN

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Die Sonnenseite des Fußballs -The High Performence Mind of Soccer -Menschen und Stories rund um den Fußball

Samstag, 27. August 2011

DRUCK IM LEISTUNGSSPORT - Interview mit Robert Jansen- Businesscoach-Unternehmer-Buchautor

DRUCK IM FUßBALL – DRUCK IM LEISTUNGSSPORT

Wenn man als Sportler an der Spitze angekommen ist, steht man unter einem großen Leistungsdruck.  Wie kann es sein, dass ein hochbegabter, austrainierter  Fußballer heute Spitzenleistung bringt und im nächsten Spiel neben der Spur läuft?  Ein Lucas Podolski oder ein Frank Ribery – als Beispiel für viele Fußballer und Sportler-  heute mit Standing Ovations bedacht werden und morgen wieder in ein Leistungsloch fallen? Wie schafft es Weltfußballer Lionel Messi über Jahre sein außergewöhnliches Talent abzurufen? Wie kann sich der Shooting-Star Mario Götze, nun im Rampenlicht der Fußballwelt, weiterentwickeln und dauerhaft seine derzeitige außergewöhnliche Leistung abrufen? Was führte dazu, dass ein hochbegabter Fußballer wie Sebastian Deissler, der seine Leidenschaft zum Beruf machen konnte, seine Karriere aufgibt? Wie wäre das Schicksal von Robert Enke verlaufen, wenn er in seiner frühen Laufbahn als Torhüter und Sportler  gelernt hätte mit dem Leistungsdruck umzugehen, sich zu öffnen?

In welchem Zusammenhang können alle diese Dinge mit Druck im Leistungssport stehen?



Dieses Interview für den „STEILPASS“ FUßBALLBLOG.de wurde geführt von: Dst Perform

Interview mit Robert Jansen:

Unternehmer, Businesscoach/Trainer und Buchautor


Dst Perform:
Du kommst einerseits als Unternehmer und Coach aus dem Geschäftsleben, warst aber viele Jahre im Reitsport aktiv. Wie kann man Sportler bei Rückschlägen unterstützen, wenn das normale Training nicht ausreicht? Sportler/Fußballer die mal in Höchstform sind und in ein Leistungsloch fallen?
R.J:
Ich spekuliere mal. Sportler sind Menschen und in deren Köpfe laufen ganz normale Dinge ab. Menschen neigen dazu zu zweifeln, sich in Frage zu stellen. Doch dieses Zweifeln bringt nicht weiter, führt nicht zum Erfolg. Aus dem Coaching Business weiß ich, dass man den Menschen wieder Mut macht oder das z.B. der Fußballer nicht nur Menschen in sein Leben holt die die Muskeln und die Fitness trainieren,  sondern  auch mental trainieren. So dass er auch mental Dinge wegstecken kann, Verluste  und Verlieren wegstecken kann, ohne zu denken ein Verlierer oder Looser zu sein.  Das alles findet ja im Kopf statt.
Ich habe einen Geschäftskunden in München der auch Marathon läuft und sich für den New York-Marathon qualifizieren wollte. Seine Laufzeiten langen dauernd ein paar Minuten jenseits der 3-Stundengenze was gleichzeitig auch die Qualifikation für New York bedeutet hätte. Er trainierte mehr und mehr, ohne die 3-Stundengrenze zu knacken.  In Gesprächen stellte sich heraus, dass er sich mit seiner Erwartung so unter Druck setzte, dass er sich damit blockierte ,das letzte aus sich herauszuholen. Ich stelle immer wieder fest, dass es jenseits von es unbedingt schaffen zu wollen und jenseits von Kontrolle einen ganz großen Bereich gibt. In diesen Bereich gilt es vorzudringen, in einem Bereich mit einer gewissen Magie, wo man das ganze Vorhaben zum Beispiel zum Spiel macht. Wo das Spiel zum Spiel wird und etwas Leichtes bekommt durch das spielerische. Und in jedem Spiel kann man gewinnen und verlieren. Und nächste Woche kann es dann schon wieder ganz anders ausschauen. Beim Zugang stellt sich dann die Frage, wie kann ich das spielerische erhalten, obwohl es um so viel geht? Was braucht der Sportler dazu?
Dst:
Spitzensportler und Profifußballer haben ja im Prinzip ihr Hobby, ihre Leidenschaft zum Beruf machen können. Sie haben das erforderliche Talent und auch das körperliche Leistungsvermögen. Wie lebt der Sportler sein Potential nachhaltig aus? Wie kann er mit Druck und Erwartungshaltung umgehen?

R.J.
Der größte Druck entsteht durch Erwartungen. Die eigenen Erwartungen, die des Trainers, der Sponsoren, der Zuschauer und vielleicht auch in jungen Jahren, die der Eltern. Erwartungen zu haben kann vieles zerstören ,weil es so viel Druck erzeugt. Die meisten Menschen haben von Natur aus hohe Erwartungen. Der Schüler der zur Schule geht setzt sich häufig schon so sehr selber unter Druck, ohne den Druck der Lehrer oder der Eltern. Das bedeutet, dass das Umfeld um einen Menschen verstehen sollte, das mehr Druck nicht unbedingt ein besseres Ergebnis zu bekommen bedeutet. Wenn man einem 100-Meterläufer eine Pistole an den Kopf setzt, damit er eine zehntel Sekunde  schneller läuft,  einem Fußballer droht die Kinder zu entführen wenn er kein Tor schießt, dann holst du irgendwann damit nicht mehr das letzte aus dem Menschen heraus. Das ist dann der Beweis dafür, dass Druck machen und Angst einflössen, nicht wirklich zu Spitzenleistungen führt.
Dst:
Wie kann ich dann nun als sportlicher Leiter, als Verantwortlicher den Sportler aktiv  unterstützen?
R.J.
Ich gehe gerne vom Umkehrschluss aus. Wenn ich nun weiß, dass noch mehr Druck ausüben nicht zum gewünschten Ergebnis führt, dann weiß ich nach dem Ausschlussverfahren schon mal  was nicht funktioniert. Nun entsteht eine gewisse Neugierde, da die Antwort fehlt. Dann gilt es dieser Neugierde zu folgen, was braucht der Sportler? Menschen sind unterschiedlich, Sportler sind unterschiedlich, Situationen sind unterschiedlich, was gestern noch als Anreiz und Belobung funktionierte, muss heute nicht mehr funktionieren. Dann gilt es der Neugierde zu folgen. Was turnt den Sportler denn an?..... Heute …. Morgen ….. im nächsten Spiel …in 3 Monaten …im nächsten Jahr??.... damit anfangen dieses auszutesten.  Und dafür gibt es kein Patentrezept. Wenn ich aber nun weiß, dass ich mit Druck und Draufhauen nicht weiterkomme, mein Ziel nicht zu erreichen kann, dann fällt es mir leichter damit aufzuhören. Dafür braucht es zunächst ein Bewusstsein bei Menschen die führen, bei den sportlichen Verantwortlichen,  dass bestimmte Werkzeuge nicht funktionieren, gar tot sind. Sie bringen nicht den Erfolg.
Dst:
Sollte man da speziell  bei der Führung von jungen Sportlern und erfahrenen Sportlern unterscheiden?
R.J.
Das müsste man austesten. Vielleicht sind die Unterschiede der einzelnen Menschen mehr vom Typ geprägt als vom unterschiedlichen Alter. Bei  jeglichen pauschalisieren besteht eine gewisse Gefahr, dass der Plan nicht aufgeht. Unabhängig von Alter, Nationalität und sonstigen Unterschieden, funktioniert eines immer. Das Menschen sich anerkannt, gesehen und wertgeschätzt fühlen. Damit meine ich nicht schleimiges loben,  sondern genau das anzubringen was funktioniert hat, was bisher zum Erfolg geführt hat. Damit der Sportler sich wirklich gesehen fühlt. Das ist das tiefste Verlangen des Menschen. Selbst wenn ich jemanden Anerkenne das er einen Fehler gemacht hat, das er ein Spiel verloren hat. Zum Beispiel: Das war ja ein „ Super-Eigentor“ das war ein "Hammer-Fehlpass“! Damit kommst du vielleicht ins Guinnessbuch der Rekorde! Und das ohne Ironie. So ,dass man selbst die Pannen feiert. Wenn man die Pannen feiern kann, wenn man mit den Pannen sein kann, dann kann man auch große Siege erreichen. Alles hat zwei Seiten,  der Tag und die Nacht, die Sonne und den Schatten, so gibt es auch Sieg und Niederlage. Dieses auch zu akzeptieren, dass es sein darf.
Dst:
Wie denkst du über Funktionalteams innerhalb eines Trainerstabs innerhalb eines Leiterstabs? Der Trend geht immer mehr dahin Spezialisten zu beschäftigen. Im Fußball zum Beispiel Spezialisten für Kondition und Fitness, für Technik, für Taktik usw.  bis hin zum Videoanalisten. Braucht es da auch einen Spezialisten für den Kopf, für den mentalen Bereich? Oder sollte besser fast alles in einer Hand sein?
R.J.
Ich liebe die Spezialisierung, weil man dann mit den Besten in dem jeweiligen Bereich arbeiten kann. In meinem Team als Coach im Trainingsbusiness habe ich auch unterschiedliche Spezialisten. Jeder hat unterschiedliche Stärken und diese gilt es zu fördern und zu nutzen. Und auch im Fußballspiel gibt es unterschiedliche Spezialisten. Spieler für den Defensiv  Bereich, Spieler für den Aufbau und Organisation des Spiels und dann auch die Stürmer die in erster Linie fürs Tore schießen  zuständig sind. Die Spitzenleistung entsteht ja erst aus der Ansammlung dieser Spezialisten, wenn sie harmonieren.
Dst :
Mit wachsendem Erfolg des Leistungssportlers steigt auch die öffentliche Aufmerksamkeit der Medien. Einerseits profitiert der Sportler davon und kann sich zu einer Marke entwickeln. Anderseits zählt nicht nur die sportliche Leistung sondern das Gesamtpaket: er ist dann nicht mehr nur Sportler, sondern auch Werbestar, Interviewgast und Kommentargeber. Wie kann der Sportler mit den Medien und mit der Öffentlichkeit umgehen?
R.J.:
Ich habe in der Vergangenheit viele Interviews von Menschen in der Öffentlichkeit studiert und verfolgt. Wie gehen sie mit den Medien um, was sagen sie und wo sind die Fallen? Aus meiner Sicht, in dem man sich Interviews anschaut, ein Gefühl dafür entwickelt, welche Fragen Fangfragen sind. Ob sie in Richtung zielen wo man nur verlieren kann? Will der Reporter mir gerade ein Bein stellen oder möchte er nur eine sachliche Frage stellen? Das ist im Prinzip ein spezieller Fachbereich, den es wie eine Fremdsprache zu lernen gilt. Außerdem gibt’s dann Menschen/Sportler die gerne im Rampenlicht stehen, diese sollten es dann auch tun. Auf der anderen Seite gibt es Leute die nicht so einen großen Spaß haben in der Öffentlichkeit zu stehen, eben zurückhaltender sind. Für diese wäre dann die Möglichkeit mit Medienberatern zu arbeiten, über Pressesprecher zu kommunizieren oder sich halt bei öffentlichen Auftritten kurz und knapp zu halten.
Dst:
Damit würde sich das Funktionalteam um die Position des Medienberaters noch erweitern.
Welche Frage könnte ich dir stellen, welche dir bisher noch nicht gestellt wurde? Oder was wolltest du schon immer einmal gefragt werden?
R.J.:
Da fällt mir im Moment nichts ein.
Dst.:
Kannst du mir ein paar wesentliche Dinge aus deinem Leben nennen, die du aus heutiger Sicht anders machen würdest?
R.J.:
Alles!! Nein das war Spaß.
Im Laufe meines Lebens bin ich gelassener geworden. Meine damals jugendliche und cholerische Art hat mir manchen Sieg, viel Geld und auch Beziehungen gekostet. Geholfen hat mir dabei zu lernen Menschen besser kennenzulernen und vor allem mich besser kennenzulernen. Ich habe lange Jahre viele Menschen als Feind oder Gegner gesehen, dabei gibt es nur ein paar feindselige Menschen. Die meisten sind jedoch sympathische  Menschen, die einfach nur zum spielen eingeladen werden wollen. Ich würde heute also mehr Menschen zum spielen einladen, als im vor hinein zu denken, das könnte zum Beispiel ein Idiot sein.
Hierzu passt ein Zitat von Sunzi aus „Die Kunst des Krieges“:
Wenn Du Deinen Feind kennst und dich selbst kennst, brauchst du das Ergebnis von 100 Schlachten nicht zu fürchten.
 Wir befinden uns nicht im Krieg aber als Analogie zum Mensch sein passt das heute immer noch und bedeutet im Umkehrschluss: Kenne ich NUR mich oder NUR den anderen, dann kann es schon mal haarig und schwer werden im Leben. Kenne ich weder mich noch mein Gegenüber, dann hab ich oft schon verloren bevor ich auf dem Spielfeld stehe.
Es geht darum die „Blackbox Mensch“ näher zu betrachten und kennenzulernen. Wenn wir diese besser verstehen, fallen die Reaktionen auch anders aus. Und es eröffnet die Möglichkeit, dass wir nicht mehr jeden Fehler machen, sondern nur noch vielleicht jeden zweiten und dritten.

Dst:
Kannst Du mir drei Dinge in Deinen Leben nennen, die Dich besonders mit Stolz erfüllen?
R.J.:
Ich bin stolz darauf, dass es mir gelingt aufzustehen wenn ich hinfalle, immer weitermache.Ich bin stolz darauf, dass ich im Risiko lebe, dass ich meine Konfortzone eintausche gegen ein Risiko um eine Art von Unbekanntheit zu gehen. Auch dann wenn ich nicht weiß wohin der Weg geht, mich diesem zu stellen.
Das ich meinen Beruf so gewählt habe, dass ich meiner Leidenschaft und meiner Liebe folgen kann und es auch leben kann.

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