Die MEDIATHEK hinter den KULISSEN

Die MEDIATHEK  hinter den KULISSEN
Die Sonnenseite des Fußballs -The High Performence Mind of Soccer -Menschen und Stories rund um den Fußball

Sonntag, 19. Februar 2012


Führungsstil - Clubvision - Identifikation - Karriere

Thomas Kastenmaier im Interview Teil III.



Dst. Braucht ein Verein eine Philosophie - außer am besten jedes Spiel zu gewinnen?
Thomas Kastenmaier:
Durch die Spiele mit Weisweiler-Traditionsmannschaft, von Borussia Mönchengladbach komme ich viel rum,  treffe  auf viele Ex-Profis von anderen Clubs. Häufig sind die Ex-Spieler nach der Karriere in ihren Clubs eingebunden. Ihre Erfahrung und ihr Wissen wird dort genutzt. Da gibt es einige. Das beste Beispiel stellt hierbei der FC Bayern . Bei Borussia Mönchengladbach ist das weniger der Fall. In der Weisweiler-Elf sind 25 Spieler der Generation, die 1995, den letzten Titel für den Club geholt haben. Keiner davon ist in einer Funktion bei der Borussia oder wird gefragt für einen Posten - Ausnahme Uwe Kamps. Das finde ich schade und nachdenklich. Unabhängig davon, freue ich mich, dass es bei der Borussia gerade sehr gut läuft.
Dst:  Sie nennen den FC Bayern als Beispiel dafür, dass es anders sein kann. Was wird dort anders gemacht? Worin besteht der Unterschied?

Thomas Kastenmaier:
Der größte Unterschied zu allen anderen Vereinen trägt den Namen "Uli Hoeneß". Er hat seit Ende der "Siebziger", sich und den Verein permanent weiter entwickelt.
Dst: Was macht Uli Hoeneß anders?
Thomas Kastenmaier:
Obwohl er als Spieler schon ein "Großer" war, musste er seine Laufbahn mit 27 Jahren beenden. Ich denke, das hat ihn für seine zweite Karriere, als Nachfolger von Robert Schwan, zusätzlich motiviert. Seinen Verein immer weiter voran zu bringen. Ziele und Visionen zu haben, nicht auf Erfolgen ausruhen, sondern den nächsten Schritt gehen. In den "Siebzigern" waren Borussia und der FC Bayern auf einer Höhe. Borussia war sogar fünfmal Meister, Bayern nur viermal. Danach blieb Borussia in der Entwicklung stehen. Bei Bayern ging es weiter, der Verein wurde immer größer. Heute ist der Unterschied so groß, dass er unter normalen Umständen nicht mehr einzuholen ist. Häufig  werden die Stadien als Ursache genannt. Hier der "kleine Bökelberg"  -da mussten die besten Spieler verkauft werden- dort das neue große Olympia-Stadion. Aber das alleine war und ist es nicht.
Dst:  Als Uli Hoeneß Manager wurde, war der FC Bayern hoch verschuldet.
Thomas Kastenmaier:

 Ich habe in Mönchengladbach zum Beispiel mal gehört "Als die Borussia damals auf dem sportlichen Höhepunkt war, hat man dort im Büro auf die Sponsoren gewartet". Das kann ich mir beim "Uli" überhaupt nicht vorstellen.
Dst:  Beim FC Bayern fällt auf, dass viele Ex-Spieler, heute auf den verschiedensten Positionen beschäftigt sind. Steckt da eine Systematik hinter?
Thomas Kastenmaier:
Wenn man 100 Spieler befragt, die mal beim FC Bayern waren, werden 99 nur positiv über den Verein reden. Dieser Verein ist immer korrekt zu den Spielern, nimmt dir alles ab, damit du dich nur auf Fußball konzentrieren kannst. Wenn du dich korrekt verhälst, bekommst du dein Geld und niemand diskutiert über 2,50 €. Wenn es dir schlecht geht, macht dieser Verein alles für dich. Dafür gibt es viele Beispiele. Zu meiner Zeit hatte Lars Lunde einen schweren Verkehrsunfall, mit dem Auto auf einem Bahnübergang. War sehr lange verletzt, der Uli Hoeneß hat sich sofort eingeschaltet. Die Geschichte von "Kobra" Jürgen Wegmann. Er hatte private und finanzielle Probleme. Der Uli hat ihm einen Job im Fan-Shop Oberhausen besorgt. Die Alkohol-Probleme von Gerd Müller, er wurde wieder als Trainer eingebunden. Da gibt es unzählige andere Beispiele der letzten 20 bis 30 Jahre. Heute wird diese Philosophie zum Beispiel bei Ribery, Breno oder Robben fortgesetzt, wenn Probleme auftauchen.
Oder auch meine Geschichte dazu. Nachdem ich im September 1990, nach dem sechsten Spieltag von Bayern zur Borussia gewechselt war, spielte ich vier Wochen später in München. Wir haben zwar dort verloren, jedoch vor dem Spiel kam das komplette Präsidium auf dem Platz. Ich wurde vor ausverkauften Stadion mit Blumen und einer tollen Uhr verabschiedet. Das war für mich sensationell. Im Dezember danach, hatte man beim FC Bayern erfahren, dass ich in Wegberg heirate. Da erhielt ich einen Anruf von der Sekretärin des Uli Hoeneß "Ich müsse mir noch ein Hochzeitsgeschenk aussuchen". Im folgenden Sommer, habe ich in der Nähe von München geheiratet. "Ich kam aus der Kirche raus -wusste von nichts - da stehen dort zwei Jungendmannschaften vom FC Bayern im Trikot - haben gesungen und Reis geworfen - einfach so". So erging es fast jedem Spieler der bei diesem Verein war und auch wieder gegangen ist.
Dst: Das scheint Sie sehr beeindruckt zu haben. Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein?
Thomas Kastenmaier:
Natürlich, der FC Bayern und Uli Hoeneß hat auch vielen Vereinen geholfen. Da gibt es viele Beispiele, wie beim FC St. Pauli, Dynamo Dresden oder zuletzt noch in Erfurt. Hatten diese Vereine finanzielle Probleme, kam der FC Bayern zu einem Benefiz-Spiel vorbei. Trug  so zur Konsolidierung der Schulden bei. Da wird also fast jedem geholfen. Aber was mich immer so erschütterte, wenn ich damals auswärts ins Stadion kam," mein Gott" da ist dann blanker Hass entgegen gekommen. Dabei hat Uli Hoeneß doch nur immer versucht, seinen Verein nach vorne zu bringen und trotzdem anderen Vereinen so viel geholfen.
Wenn wir mit der Mannschaft bei ihm zuhause eingeladen waren, stand er beim Abschied am Gartentor, hat uns allen ein paar Pakete Rostbratwürste und den Arm geklemmt.
Dst: Welche Philosophie  könnte noch beim FC Bayern dahinter stecken, viele Ex-Spieler im Verein zu beschäftigen?
Thomas Kastenmaier:
Mit Ex-Kollegen kannst du anders umgehen und sprechen. Und der Uli Hoeneß weiß, dass diese Leute vernünftig und engagiert arbeitet. Beim FC Bayern wurden diese Spieler gut und fair behandelt, besonders auch in schlechten Zeiten. Da ist die Motivation nach der aktiven Karriere groß, etwas zurück zu geben. Ein Nehmen und Geben. Da wird keiner den anderen hintergehen. Wenn man heute betrachtet, welche Ex-Spieler dort beschäftigt sind. Vom Scouting bis zu den Trainer-Teams - beim Marketing und Management bis zum Präsidium , dann ist das schon einzigartig. Da wird dann entsprechend geschlossen nach außen aufgetreten. Damit erklärt sich auch die Tatsache, nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig Erfolg zu haben.
Dst: Wie würden sie aus der Sicht des Spielers ihre beiden Vereine vergleichen?
Thomas Kastenmaier:
Im Vergleich meiner beiden Clubs, war es in Mönchengladbach eine kleine Familie, bei Bayern eine große. In der Infrastruktur war es damals schon ein Unterschied. Hier in Mönchengladbach zum Beispiel das Trainingsgelände, außerhalb am Rönneter, bei Regen und Kälte, mit dem Bus dorthin. Bei Bayern diese herrliche Trainingsanlage und mehr Komfort. Aber ich habe es so gewollt, den Wechsel nie bereut. Ich wollte nicht noch lange bei Bayern auf der Bank sitzen, wollte einfach nur Fußball spielen, zeigen das ich ein guter Bundesligaspieler bin. In "Gladbach" habe ich mich schnell entwickeln können, ansonsten hätte ich als rechter Verteidiger keine 40 Tore machen können. Ich habe bei "Gladbach" wundervolle Zeiten gehabt. Die Erlebnisse, die Erfahrungen und auch die Reisen im Europa-Cup bei Bayern möchte ich nicht missen, obwohl ich nicht oft gespielt habe. Das konnte ich bei Borussia leider nicht mehr erleben.

Dst: Wie endete Ihre Karriere und was kam danach?
Thomas Kastenmaier:
Ich hatte am Ende sieben Knieoperationen, dann war irgendwann mal Ende. Nach fast zwei Jahren Reha bin ich nochmal mit ins Trainingslager gefahren. Zunächst hielt mein Knie. Ich habe dort auf einem Turnier in einem Testspiel gegen München 60 eine Halbzeit gespielt. Mein Spiel war ganz ordentlich, aber in der Halbzeit hab ich dann zum Manager Rolf Rüssmann gesagt: "Das war es für mich, das war meine letzte Halbzeit". Mein Knie war geschwollen und glühend heiß. Ich hatte Schmerzen ohne Ende. Ich bin am nächsten Tag mit dem Manager heimgefahren "Das wars". Der Schmerz war zu groß.
Viele Profis fallen nach der Karriere oder nach schweren Verletzungen  in ein "Loch" oder eine Krise. Ich hatte Leute die sich für mich eingesetzt haben und auch Glück. War anschließend acht Jahre Trainer bei der Borussia. Ich hatte alle Trainerscheine,  habe von den Kindern bis zu den Amateuren alles trainiert, war auch noch mit den Profis im Trainingslager.

Da ich gerne mit Kindern arbeite, war ich danach 3 Jahre mit Puma unterwegs. Ich wollte mir danach selber etwas aufbauen, habe ein Konzept für "Kastes Fußballschule" erstellt und umgesetzt. Ein Angebot als Co-Trainer in der ersten oder zweiten Liga würde ich auch wieder annehmen. Meine Priorität, ist jedoch zur Zeit die Arbeit mit Kindern.  Die sind begeistert, die Eltern ebenfalls. Wenn ich heute ein Trainings-Camp an Schulen und in Vereinen mit vierzig oder fünfzig Kindern mache - sie haben Spaß am Fußball - ich bringe sie drei Tage zum Lachen - sie lernen etwas,  gibt mir das eine große Zufriedenheit.
Anschließend fahr ich Heim,  meine Frau fragt mich "wie wars"? Dann sag ich "wie immer sehr guat". ..........und ich weiß, ich hab was richtig guat gemacht........................



Fazit:




Profifußballer führen in der Regel ein privilegiertes Berufsleben. Verdienen gutes Geld, stehen im Mittelpunkt und werden von den Fans gefeiert. Jedoch nicht alle werden zu Welt-Stars. Nach den zehn bis fünfzehn Profi-Jahren geht das Leben weiter. Für viele dann eine große Umstellung. Sie sind dann nicht mehr Teil der Wohlfühl -Oase beim einem Profi-Club, wo ihnen alles abgenommen wurde.  Sie müssen nun ohne die Anerkennung des Star-Rummels klar zu kommen. Das Geld reicht oft auch nicht bis zum Lebensende. Die Zeit danach ,sollte sinnvoll gestaltet sein, Ex-Profis müssen ihr Leben nun selbst in die Hand nehmen.  Nicht alle finden einen Job als Trainer oder Manager im Spitzensport oder erhalten anschließend einen Vertrag als  Fernseh-Experte. Thomas Kastenmaier hat es verstanden, aus seiner Talent und seine Leidenschaft Fußball , auch zu einer Karriere nach der Karriere zu gestalten. Er arbeitet gerne mit Kindern,  gibt sein Wissen und seine Erfahrung weiter.  Doch wie viele Ex-Profis fallen in ein Loch und wissen ihr Leben danach,  nicht zu gestalten?
Anmerkungen zum Thema der "Steilpass-Fußball-Blog.de" zum Thema "Visionen" und Zitate von Führungspersönlichkeiten wie Dietmar Hopp (SAP/TSG Hoffenheim) und Uli Hoeness (FC Bayern München)
SAP-Gründer und Fußball-Präsident, Dietmar Hopp wurde in einem Interview gefragt, ob in seinem Club ein Problem mit der Wohlfühlmentalität  herrscht. Seine Antwort: "Wenn ja, dann wäre ich dafür verantwortlich. Außerdem habe ich bei meinem "Lebenswerk" SAP auch für diese Wohlfühlkultur gesorgt. Dabei haben wir etwas von unseren Mitarbeitern zurückbekommen"




Frage: Sind die Mitarbeiter in der Wirtschaft anständiger als im Fußball? Antwort: "Das ist keine Frage des Anstandes, die Sache ist vielschichtiger. Im Fußball ist die Zeit, in der man Geld verdienen kann, viel kürzer. Das verlangt vom Einezlenen Entscheidungen, bei denen Sentimentalitäten weniger Raum haben. Im Fußball ist alles viel mehr Kopfsache. In der Industrie hat man nicht den unmittelbaren Druck von Millionen von Menschen, die dich nach 90 Minuten in den Himmel heben oder dich zur Hölle verbannen. Natürlich gibt es in der Wirtschaft auch Druck, aber der im Fußball scheint grenzenlos".
Auch beim FC Bayern, gibt es laut Kastenmaier eine große Wohlfühlkultur.  Für langfristigen Erfolg braucht es jedoch mehr.
Um Aufgaben und Ziele im Leben erfolgreich umzusetzen, braucht es neben der Leidenschaft,  Ziele und Visionen. Nehmen wir das Beispiel Uli Hoeneß und FC Bayern.  Auf seinen Führungsstil angesprochen:
"Meine Vision, mein Ziel war immer, aus dem Fußballverein Bayern München, ein Wirtschaftsunternehmen zu machen, dass nicht nur sportlichen Erfolg hat, sondern auch wirtschaftlich solide arbeitet. Darauf achten, dass der Verein sportliche und wirtschaftliche Aspekte in Einklang bringt. Ich will diesen Verein als gesellschaftliche Institution prägen. Ein Hort der Ehrbarkeit und der Skandallosigkeit. Fußball soll kein Kommen und Gehen sein, sondern dass man Menschen zusammenbringt, dass man Gemeinschaft fördert. Das ist uns gelungen. Der FC Bayern ist ein gesellschaftliches Ereignis."

Wie hat er das umgesetzt? 
Neben seinen Führungsqualitäten braucht es dazu das richtige Team. Menschen , Kollegen und Mitarbeiter, die Verein in ihren Aufgaben und Funktionen leben, mit Leidenschaft , Identifikation und Ihrer Seele. Das ist für Uli Hoeneß nicht nur eine gut klingende Floskel, erlebt sie vor.

Zitat: " Mein Traum war es Fußballmanager zu werden, am allerliebsten bei Bayern München. Ich hatte das Glück - nach meinem vorzeitigen Aus als Spieler- von Herrn Neudecker (ehemaliger Bayern-Präsident) angerufen zu werden, mit 27 Jahren.

Als 18 jähriger, talentierter Spieler kam er seiner Zeit zum FC Bayern. Er war bis zu seiner Sportinvalidität,  tragendes Mitglied einer Mannschaft, die fast alle Vereinstitel, mehrfach, im Weltfußball gewonnen hat. Von der Deutschen Meisterschaft bis zum Europapokal. Durch den FC Bayern wurde er schnell Nationalspieler und Weltmeister. Auf die Frage, ob er bei einem anderen Verein auch so ein erfolgreicher Manager gewesen wäre, welche Rolle dabei Identifikation hat:

Zitat: "Aus heutiger Sicht mit der langjährigen Erfahrung, "Ja". Es hätte mir aber immer die letzte Emotion gefehlt. Um wirklich gut zu sein, muss man mit seinem Club emotional verbunden sein. Man muss seine Seele drin haben".

Der FC Bayern hat "dem Spieler" Uli Hoeneß eine Weltkarriere -Geld - Ruhm und Erfolg- ermöglicht. Anschließend ihm als "27-jährigen Jungspund" seinen Traumberuf als Fußballmanager angeboten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie es sich anfühlt, seine Leidenschaft Fußball aus gesundheitlichen Gründen ,frühzeitig aufgeben zu müssen. Zum Profi , gar zu nationalen und internationalen Titeln ,hätte mein Talent zwar nie gereicht. Aber um diese Leidenschaft , den Gemeinschaftssinn weiter auszuleben können wurde ich auch Fußballmanager in den Amateur-Niederrungen.

Uli Hoeneß war dem FC Bayern dankbar , hat es sich zu Lebensaufgabe gemacht etwas zurück zu geben. Er hat seine Seele in diesem Verein gesteckt um diesen zu einem der größten Fußball-Institutionen der Welt zu machen. Die Philosophie  von Nehmen und Geben oder "Win -Win"
Welchen Grund wird es haben, wenn Thomas Kastenmaier nur positiv über seinen Ex-Club redet? Sogar 99 von 100 Ex-Spielern das gleiche tun?
Der Führungsstil des FC Bayern basiert auf Wertschätzung, Anerkennung, Respekt und Fürsorge.
Zitat Kastenmaier:
"Dieser Verein ist immer korrekt zu den Spielern, nimmt dir alles ab, damit du dich nur auf Fußball konzentrieren kannst. Wenn du dich korrekt verhälst , bekommst du dein Geld und niemand diskutiert über 2,50 €. Wenn es dir schlecht geht, macht dieser Verein alles für dich." 

Kastemaier war nie der "große Star" beim FC Bayern, aber diese Gesten und Aufmerksamkeiten anlässlich seiner Hochzeit  -obwohl er nicht mehr Mitglied dieser großen Bayernfamilie  war- klingen heute noch in seinem Worten und Erzählungen durch.  Im Interview erzählt er voller Respekt, Dankbarkeit, gar mit Bewegtheit , über Uli Hoeneß und dem FC Bayern. Betrachter man nun die Schicksalsgeschichten um Gerd Müller, Lars Lunde, Uwe "Kobra" Wegmann, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, wo der Club oder der Manager persönlich, in der Not unterstützt oder geholfen hat, wird "die Saat", die Philosophie des Uli Hoeneß klar. Auch die vielen anderen Spieler die mal Mitglied der großen Bayernfamilie waren reden ähnlich über diesen Club. Wie groß wird dann das Herzblut und die Identifikation sein, wenn diesen Ex-Spielern eine Aufgabe, einen Job beim FC Bayern angeboten wird? Wie viel "Seele" werden diese Ex-Spieler investieren um dem FC Bayern etwas zurück zu geben.
Die Vision des Mangers ist weitgehend erfüllt "Dem ideal wie man einen Fußballclub führen könnte, kommen wir im Moment ziemlich nahe. Jedoch in dem Moment wo man sich zurücklehnt wird es gefährlich".

Der Präsident Hoeneß hat eine neue Vision.
"Ich muss jetzt darangehen, dazu beizutragen, das Kapitel Bayern München in die Zukunft zu führen. Das alles läuft, so dass die Jungen vorne dran ,das richtig machen. Die Kunst ist es nun ,das passende Konzept für die Zukunft zu stricken, so dass die nächste Generation ,den Verein auch auf diesen Level weiter führt. Das  wird eine große Herausforderung. Eine neue Generation von ehemaligen Bayern-Spielern steht bereit, das Ruder zu übernehmen. Das ist genau in meinem Sinne. Ehemalige Leute einzubauen, die prädestiniert für diese Aufgaben sind. Das ist Bayern-Like. Die Identifikation dieser Leute, als auch mit den Fans ist höher, als wenn man einen aus Wanne-Eickel holt".









Samstag, 11. Februar 2012


Druck im Profifußball

Teil II. Thomas Kastenmaier im Interview


http://www.kastes-fussballschule.de/
Dst: Wie gingen Sie als Spieler mit Druck im Spiel um?
Thomas Kastenmaier:
Wenn du einen entscheidenden Elfmeter oder Freistoß schießt, ist der Druck schon da. Du weißt genau "wenn du den reinhaust" bist du der Held, "wenn du versämmelst" ist der Erfolg der ganzen Mannschaft gefährdet und du bist der Depp. Aber genau in diesen Situationen, braucht es "Einen" der die Verantwortung übernimmt. Ich hab mich immer dazu berufen gefühlt. Nicht "den Schwanz einziehen" und anschließend schimpfen oder jammern. Und wenn du "das Ding" dann rein machst, ist das eine unheimliche Erleichterung, ist ja klar.
Dst: Wie hat es vor einer solche Situation in Ihren Kopf ausgeschaut? Was spielt sich dort ab?
Thomas Kastenmaier:
Du stehst unter Spannung ohne Ende - du unterhälst dich nicht mehr - du konzentrierst dich nur noch auf die Aufgabe die ansteht. Zum Beispiel diesen Elfmeter - nur noch schauen, das der Ball ins Netz geht. Ich habe nie geschaut oder spekuliert was der Torwart macht. Ich wusste, was ich will und vorhabe,  - so habe ich mal 3 Jahre keinen verschossen. "Aber dann hat es mich auch mal wieder mal erwischt".
Dst: Kamen in solchen Situationen auch mal Zweifel auf?
Thomas Kastenmaier:
Du hast nur noch einen Blick - wenn du zum Beispiel von der Mittelline zum Elfmeterpunkt gehst, siehst du nur noch den Ball - du vermeidest Augenkontakt mit den Torwart - du siehst wie "der Kahn" immer gesagt hat, nur noch "den Tunnel" - das Tor in seiner Breite und Höhe - du denkst nur noch: vernünftig hinlegen, Anlauf nehmen, reinhauen. Nichts anderes mehr. Du drehst dich nicht mehr um -nimmst auch die Zuschauer nicht mehr wahr - nur noch "die Kugel". Selbst wenn der Schiedsrichter "Stop" rufen würde, würdest du beim Anlauf, durchlaufen und schießen.
Dst: Kam auch mal der Gedanke: "Hoffentlich verschieße ich nicht"?
Thomas Kastenmaier:
Ich hatte nie solche Gedanken. Ich glaube, wenn du anläufst und denkst "hoffentlich verballer ich den nicht", dann ist "das Ding schon gegessen".
Dst: Wie sind Sie damit umgegangen wenn ein Elfmeter verschossen war?
Thomas Kastenmaier:
Ich bin mal mit einem verschossenen Elfmeter in den Jahresrückblick gekommen. Da bin ich auf dem Bökelberg - ausgerechnet gegen München 60-  beim Anlauf ausgerutscht. Beim Stand von 0:0 ging der Ball 5 Meter übers Tor. Dann war ich  ein paar Tage als Depp in allen Medien. Dabei hatte ich aber Glück. Drei Tage später, ist das gleiche dem David Beckham passiert. Da haben alle nur noch über ihn geredet. (lacht)
Man braucht dafür ein gewisses "Leck-mich-am-Arsch-Gefühl", selbst wenn man verschießt. Ich war ein Spieler der sich selber rausziehen konnte, wenn etwas danebengegangen war.
Dst: Erinnern Sie sich an solche Situationen?
 Ich bin mal am Bökelberg von den eigen Fans ausgepfiffen worden. Im vorherigen Spiel, in Bremen, war ich an zwei Gegentoren in beteiligt gewesen. Dann bekommst du selbst als gestandener Spieler einen "Flattermann". Das ist ein Scheißgefühl. Da kann mir keiner erzählen, ich hör das nicht. Du kannst dann nicht mehr vernünftig Fußball spielen. Zwei Wochen später, im nächste Heimspiel, hab das Spiel mit 2 Toren entschieden. Da durfte ich wieder auf die Trommel von "Manolo" schlagen. Damit muss man lernen umzugehen.
Ich war ja von den Bayern gekommen, war also den umgekehrten Weg gegangen. Nicht wie z.B. Matthäus oder Effenberg. Und wenn es dann mal schlecht bei der ganzen Mannschaft lief, haben sich die Zuschauer einen ausgesucht. Dann war ich  schon mal "die Bayern-Sau". Das hat dann schon wehgetan. Wäre ich labil gewesen, hätte ich in den folgenden Wochen nicht wieder meine Leistung bringen können.
Dst:  Was haben Sie als Spieler gemacht? Baut man eine Art Schutzmauer um sich herum?
Thomas Kastenmaier:
Erst mal kannst dir dann sicher sein, in den nächsten Tagen, in den Medien einen "aufs Maul" zu bekommen. Montags im "Kicker"  bekommst du noch einen. Da braucht du einen Trainer der "Rückrad" hat. Ich war ja kein schlechter, hatte deshalb das Vertrauen des Trainers. Danach konnte ich mich auch wieder in die andere Richtung bewegen. Ich konnte mich dann selbst wieder rausziehen. Durch Training, gute Spiele und auch Tore. Dann war mein "Tief" meistens schnell verzogen. Wenn es dann aber  länger anhält, bist du früher oder später draußen. Wichtig ist in solchen Situationen einen Trainer zu haben, der das richtig einschätzen kann und stellt dich wieder auf. Weil er weiß, er kann sich auf dich verlassen.
Dst: Wie war die Drucksituation dann im Abstiegskampf?
Thomas Kastenmaier:
In der Saison 1992, IM  vorletzten Saisonspiel, wir lagen  zur Halbzeit bei den Stuttgarter Kickers zurück und waren in diesem Moment abgestiegen. Wir konnten das Spiel noch drehen. Ich habe ein Tor auf den "langen Criens" vorbereitet und das zweite selbst gemacht.  Die Borussia war gesichert und konnten uns auf das anstehende Pokal-Finale konzentrieren.

Dst: In den Medien wird das "Thema Druck" zur Zeit häufig thematisiert. Ist der Druck im Fußball größer geworden?

Thomas Kastenmaier:
Generell ist der Druck größer geworden. Aber eigentlich ist er gleich geblieben. Es kommt auf die Situation an. Es kann mir keiner erzählen, das ein Spieler, der von Platz 1 bis 5 spielt, unter großen Druck steht. Dann hast du eine "Truppe" die gut spielt, du hast einen Lauf und du schläfst nachts gut. Wenn du aber permanent von Platz 15 bis 18 spielst, da schläfst du schon mal schlecht. Wenn das über Monate so geht, könnte das im Kopf als Katastrophe auftauchen. "Du steigst ab - dein Vertrag zählt nicht mehr - findest vielleicht keinen anderen Verein. Diese Situationen hatte ich auch. Du bist gereizt, weil der Druck da ist. Dann bist du nicht mehr so locker, fängst an zu überlegen "wenn das heute auch schon wieder schief geht". Vielleicht hast du noch sechs oder sieben davon in deiner Truppe. Keiner kann mir erzählen "das geht mir am Arsch vorbei". Wenn du Spieler hast, die komplett zusammenbrechen, steigst du ab. Hätten wir damals nicht solche Charakter-Typen wie Jörg Neun, Stefan Effenberg und auch mich gehabt, hätten wir keine Chance  gehabt.
Dst: Was haben diese "Charakter-Typen"  gemacht?
Thomas Kastenmaier:
Auf dem Platz kannst du bei den Mitspielern wenig machen. Du kannst selber nur reagieren und Akzente setzen. Du musst in die Zweikämpfe gehen und dich konzentrieren, sie gewinnen, oder die Flanke reinbringen. Wenn du aber so sehr zweifelst, das du nicht mehr in die Zweikämpfe gehst, dann wird dabei nichts positives rumkommen. Du kannst deine Mitspieler nur positiv aufrichten.
Dst: Wie macht man das konkret?
Thomas Kastenmaier:
Wir haben uns damals mit der kompletten Truppe, ohne Trainer beim "Effe" getroffen. Haben uns bei einem Bier zusammengesetzt und uns gesagt: "Wir können als gute Truppe nicht absteigen, es liegt nur an uns Spielern". Wir haben dabei darauf geachtet, nicht auf die Spieler, die gerade sowieso "neben der Spur laufen" noch zusätzlich draufzuhauen - zu kritisieren. Du musst  bei kleinen Fehlern darüber hinwegsehen. Würdest du um Platz 1 bis 5 spielen, würdest du ihn kritisieren. Aber in solchen Situationen kannst du dir das nicht erlauben, zum Beispiel durch Gesten oder Abwinken. Das funktioniert in dieser Situation nicht. 1. ziehst du den Anderen damit noch weiter runter. 2. reibst du dich dadurch selber auf. 3. Jeder kann es sehen und kann es als Schwäche auslegen. Für solche Situationen braucht es auch eine Erfahrung -  die man lernen kann. Vereine, die häufig im Abstiegskampf stehen, können besser damit umgehen. Daher gab es auch den "Mythos" der "Unabsteigbaren" vom VFL Bochum. Für erfolgsverwöhnte Vereine ist eine solche Situation - mit einer vermeintlich besseren Mannschaft- viel schwerer.  Sie kennen  sich damit nicht aus. Dann hast du viele Spieler, die "ganz schlecht schlafen", nicht mental nicht fit sind wenn das Spiel angepfiffen wird.
Dst: Was macht der Trainer Kastenmaier, wenn der Spieler fit ist, aber das normale Training nicht ausreicht, um das Potential des Spielers abzurufen?
Thomas Kastenmaier:
Neben dem Training, durch persönliche Gespräche Selbstvertrauen geben. Ihn auf seine Stärken hinweisen. Wie z. b. seine Technik, Schnelligkeit. Im Training diese Situationen immer wiederholen. Dem Stürmer die Bälle um die Ohren hauen, bis er sie wieder rein macht, wieder Selbstvertrauen erlangt. Das geht meistens nicht innerhalb einer Woche. Es  ist häufig ein kontinuierlicher Prozess. Dazu braucht dieser Spieler Vertrauen. Wenn du es als Trainer schaffst, wird dir der Spieler das ewig danken. Es gibt  auch Spieler, die sind Trainingsweltmeister -  kommen dann ins volle Stadion - bekommen dann den "Flattermann" und es geht gar nichts. In meiner Zeit als junger Spieler bei Bayern habe ich vom "Jupp Heynckes" immer "Feuer" bekommen. Wir hatten zwar häufiger "Theater", aber er hatte erkannt, dass ich das brauchte. Wenn er mich dann gebraucht hatte, konnte er sich auf mich verlassen. Wäre ich damals sensibel gewesen, wäre dort schon Schluss gewesen mit meiner Laufbahn. Nach meiner Kariere wurde mir erst klar, dass er der beste und wichtigste Trainer für mich war.  Ohne diese Lehrzeit bei Bayern, mit all diesen Führungsspielern und das Erleben dieser Hierarchie ,  hätte ich meinen Weg nicht machen können. Das hat mich geprägt, mit Spielern wie Augentaler, Pflügler und Aumann. Die waren schon oft Meister gewesen. Sie hatten das Sagen. Für einen jungen Spieler zählte , "Klappe halten"- zuhören - lernen.  Das war früher  anders als heute.  Als Jupp Heynckes  dann später bei Bayern entlassen und wieder in Mönchengladbach bei den Heimspielen als Zuschauer war, hat er mich im "Kicker" in die "Elf des Jahres" gewählt. Das hat mich damals sehr stolz gemacht.
 Dst: Was hat Sie im Fußball erfolgreich gemacht?
Thomas Kastenmaier:
Natürlich braucht es ein gewisses Talent zu haben. Dazu die Bereitschaft lernen zu wollen. Permanent versuchen sich zu verbessern. Ich bin nicht der Typ der sich hängen lässt -  wollte jedes Spiel gewinnen, selbst im Training. Das hat der Trainer - der Bernd Kraus- gewusst. Das ist die wichtigste Eigenschaft für einen Bundesliga-Spieler. So war ich als Kind schon. Andererseits, war ich aber auch nicht so extrem, dass ich nach einer Niederlage "geheult" habe. Sondern ich war  "Stocksauer", auf mich oder auch meine Mitspieler. Ich war ehrgeizig, jedoch nicht zerfressen. Bei einer Mannschaft erwarte ich, das alle so denken. Dazu absoluter Siegeswille, sogar bei einer "Gaudi" wie Fußball-Tennis.
Dst: Wenn ich heute Interviews von Fußballern im TV anschaue, wirken diese von Seiten der Spieler oft sehr diplomatisch. Sagen Spieler und Trainer dort wirklich ihre Meinung?  Welche Rolle spielen die Medien im Zusammenhang mit Druck?
Thomas Kastenmaier:
Eine Sensation  früher bei Bayern war  "Wenn die vom Fernsehen damals zum Interview kamen Beim Schwabl, Manni und mir, mussten diese anschließend mit Untertitel  gesendet werden, weil sie nichts verstanden haben".
Natürlich hat sich die Medienlandschaft gegenüber meiner Zeit sehr verändert. Gegenüber den 90-er Jahren wird heute alles ausgeschlachtet. Da konntest du nach dem Spiel nochmal ein Bier trinken ohne am nächsten Tag auf der Titelseite zu stehen.
Und wenn ich diesen Mist der Spieler ,dann in den Interviews  höre. Diese vorsichtige "Tiefstapelei" . Warum spiele ich denn in der Bundesliga? Ich werde doch nicht Profifußballer um immer  10. oder 15. zu werden. Auch wenn man mich in meiner Zeit in "Gladbach" gefragt hat, ob ich Meister werden will hab ich geantwortet "Natürlich will ich Meister werden, ob ich oder meine Truppe das dann schaffe, weiß ich nicht, das wird sich zeigen". Ich setze mir doch nicht schon vorher das Ziel 9. zu werden. Ich will auch mal 1. werden, für nichts anderes Spiel ich". Ich würde mir, das zu sagen, nicht verbieten lassen. Diese "Rumeierei" mag ich  nicht.
 Der Fußball lebt nun mal auch von Emotionen. Selbst wenn ich nach dem Spiel, vor der Kamera mal auf "180" bin und da rutscht mal was raus. Was soll es, du kommst  vielleicht mal in den "Jahresrückblick" und dem Reporter wird von Kollegen,  im Ü-Wagen mit dem Spruch auf die Schulter geklopft " Den hast du gut hinbekommen". Wenn das alles wegfallen würde, wäre schade. Auch die Ausbrüche vom Uli Hoeneß, zum Beispiel letztes Jahr auf der Jahreshauptversammlung.  Das ist doch einfach nur Mensch sein. Das gehört doch dazu.
Dst: Was halten Sie von Funktional-Teams innerhalb eines Trainerstabs? Wie sollten sie funktionieren?
Thomas Kastenmaier:
Grundsätzlich arbeite ich lieber in einem kleinen Trainer-Stab. Wenn man  sieht, wie Alex Ferguson und Arsene Wenger mit 10 und mehr Leuten arbeiten, wäre mir das persönlich zu viel. Ein Grund für diese Trainer, wird auch die umfangreiche Medienarbeit sein. Jeden Tag eine Presse-Konferenz geben. Da muss der Chef-Trainer bei Bayern  oft erklären, warum der Ribery Husten hat. Ich würde gerne mit zwei Co-Trainern und einem Reha-Trainer arbeiten. Dabei braucht es Leute, die gleich ticken, Vertrauen, Loyalität,  aber trotzdem kontrovers diskutieren. Ich arbeite ich als Trainer lieber auf dem Platz als auf einer Pressekonferenz.
 Einen Sport-Psychologen würde ich von der Mannschaft und den Spieler-Typen abhängig machen. Eine Mannschaft ist wie eine Art Familie von 20 Leuten, die 300 Tage im Jahr zusammen verbringt. Wenn da ein "Fremder" dazu stößt, könnte das störend sein. Eine Spielerkabine ist zum Beispiel sehr persönlich und intim. Da hat kein Außenstehender etwas zu suchen.
Dst: Sie haben als Spieler den jungen Robert Enke und auch Sebastian Deisler erlebt. Wie verbreitet waren mentale Probleme damals im Vergleich zu heute?
Thomas Kastenmaier:
Von Themen wie "Burn Out" haben wir damals gar nichts mitbekommen. Dieses Wort gab es nicht mal. Mit diesem Thema hatte man sich gar nicht beschäftigt. Der Robert Enke war als junger Mann bei uns. Ein ganz normaler Typ und Torwart.
 Vielleicht hat man damals den Druck mit Alkohol bekämpft. Da hat man dann Geschichten gehört, dass der eine oder andere Spieler, Trainer oder auch Schiedsrichter ein "Schluckspecht" sein soll. Nach außen hin wurde das dann als Alkoholismus dargestellt. Wer hätte geahnt, dass ein "Tony Adams" von Arsenal, jahrelang Alkoholiker war? Ich weiß nur von mir selbst, wenn ich mal ausgegangen war, etwas getrunken hatte, war es schwer am nächsten Tag die Leistung abzurufen. Ich persönlich kann dazu nicht viel sagen, weil ich nicht davon betroffen war. Wenn du dann davon betroffen bist, wird es sicherlich schwer sein, es einem Dritten, nachvollziehbar zu erklären. Sonst würden sich diese Menschen früher jemanden anvertrauen. Nicht wenn es zu spät ist. Selbst die Mitspieler haben es bei Robert Enke nicht bemerkt. Den Sebastian Deisler habe ich in den Jugendmannschaften kennen gelernt. Habe seine Karriere dann verfolgt. Wenn ich ihn dann später mal wieder getroffen habe, war das ein ganz normaler "Super Typ".  Wenn ich dann einen Ralf  Rangnick betrachte, ein Workaholic, der über Jahre Projekte gepusht hat, dann ist klar, dass man irgendwann "platt" ist und eine Auszeit braucht.
Dst: Was braucht es, um dieses "platt sein" zu vermeiden? Wie sind Sie damit umgegangen?
Thomas Kastenmaier:
Grundsätzlich ist  jeder Mensch anders. Man braucht schon eine Bezugsperson. Das kann dann der Trainer , der Berater, ein Freund sein. Heute werden oft auch Psychologen in Anspruch genommen. Alleine wird das dann nicht funktionieren. Bei mir war es  im Bedarfsfall, im Abstiegskampf ,meine Frau. Durch zuhören, was dich belastet, gut zureden. Herausziehen kannst du dich nur selbst. Eine gute Spielerfrau hält dir den Rücken frei mit alltäglichen Dingen, wie Kinder und Hund. Das ist aber in anderen Berufen auch so. Im Fußball ist neben der körperlichen Fitness wichtig, das ich meinen Beruf mit Leidenschaft und Spaß ausübe. Ansonsten wird man langfristig keinen Erfolg haben.
Ich habe zu einigen aktuellen Bundesligaspielern Kontakt, die ich als Jungendspieler trainiert habe. Wie den Marcel Jansen und Eugen Polanski und einige andere. Wenn sie  mal daneben hängen und anrufen, versuche ich zu vermitteln, dass sie den schönsten Beruf der Welt haben. Wenn du Fußballer mit Leib und Seele bist, was  gibt es schöneres, als damit auch noch Geld zu verdienen. Das ganze Leben, die Tagesabläufe sind auf Fußball abgestimmt. Du hast maximal zweimal täglich Training, bist viel auf Reisen, du hast Fans hinter dir, die jubeln. Oder die kleinen Annehmlichkeiten, sich paarmal die Woche massieren zu lassen. Das ist einfach herrlich. Aber meistens merkst du es erst dann, wenn du diesen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Wenn du vielleicht mal von heute auf morgen "Sport-Invalide" bist.
Bei Borussia Mönchengladbach mussten wir mal einen Fragenkatalog vor der Saison ausfüllen. Am Ende kam die Frage nach dem Lebensmotto. Einige haben dort zum Beispiel eingetragen "Leben und leben lassen", ich hab eingetragen "mit a bisserl Spaß geht alles viel besser". Ich habe mir meistens keinen "großen Kopf" gemacht. Ich wollte einfach nur Fußball spielen, Tore vorbereiten und Tore machen. Darum hat man mir auch immer nachgesagt, ich hätte einen halben Rechtsaußen gespielt, oder der Mittelfeldspieler, der vor mir spielte, wäre "die ärmste Sau auf dem Platz".

Fazit:
Um zu funktionieren, braucht es statt Druck, neben der Willenskraft und dem Talent, Freude am Spiel und Lockerheit. Die Frage ist jedoch, wie mache ich das? Wie werde ich voller Enthusiasmus über den Fußballrasen getragen? Oder wie BVB-Trainer häufig sagt: "Die Jungs sind einfach nur geil auf Kicken".
Wie erhalte ich die Freude am Spiel, Leichtigkeit und Spaß daran? Wie erzeuge ich Enthusiasmus, geil auf Kicken sein?
Im Kopf des Fußballers laufen ganz normale Dinge wie Ängste und Zweifel ab. Um damit umzugehen, braucht es neben den Muskeln auch den Kopf zu trainieren. Fehler und Verlieren wegzustecken, ohne zu blockieren oder sich als Verlierer zu sehen. Um das zu verarbeiten, damit umzugehen,  braucht es in einen unbekannten, mentalen Bereich von einer Art Magie vorzudringen. Wo statt Druck ,eine spielerische Leichtigkeit entstehen kann. Ein Teil ist, wie Kastenmaier schon erklärte, neben dem Training, in persönlichen Gesprächen, den Spieler an seine Stärken erinnern. Das Selbstvertrauen des Spielers wieder stärken und ihm als Trainer oder Verantwortlicher, das Vertrauen schenken. Nicht jeder Profi hat diese Leichtigkeit des Seins oder eine entsprechende "Leck-mich-am-Arsch-Einstellung", in Drucksituationen,  eines Thomas Kastenmaiers. Nicht alle Spitzensportler haben zuhause eine einfühlsame Frau als Ansprechpartner, die bei Bedarf, mental aufrichtet.
Das tiefste Verlangen des Menschen ist Anerkennung. Auch der Sportler möchte sich gesehen und Anerkannt fühlen. Selbst wenn man Fehler und Pannen anerkennt, ein Spiel verloren hat. Zum Beispiel:"Das war ein Super-Eigentor - ein Hammer-Fehlpass". Und das ganze ohne Ironie. Zu schauen, wo liegt die Chance daraus zu lernen? Wenn man Fehler und Pannen anerkennen, gar feiern kann, damit sein kann, eröffnet es den Weg ,auch wieder große Siege zu feiern. Im Leben haben die Dinge meistens zwei Seiten, wie Tag und Nacht - Sonne und Schatten - Sieg und Niederlage. Dies gilt es zu akzeptieren, dass es sein darf.
Würde man dem Spieler eine Pistole an den Kopf setzen, wird er irgendwann nicht mehr das Letzte aus sich rausholen können. Es würde Druck und Angst erzeugen, statt Spitzenleistung. Wenn ich also weiß, mit Druck und Draufhauen komme ich nicht weiter, fällt es mir leichter damit aufzuhören. Dafür braucht es ein Bewusstsein der sportlichen Führer und Leiter.
Stattdessen stellt sich die Frage, womit turne ich den Fußballer/Sportler an? Hierzu gibt es kein Patentrezept. Jeder Mensch ist anders. Aber man kann dieser Neugierde folgen, es ausprobieren.
Dafür braucht es ein Bewusstsein bei allen Beteiligen, beim Spieler, Trainer, Manager und auch Berater. Die "Black-Box-Mensch" besser kennenlernen. Dieses Bewusstsein ist trainierbar wie die Muskeln des Spielers. Kenne ich diese "Black-Box" besser, dann fallen meine Reaktionen -zum Beispiel auf Druck- anders aus.
Zitat von Sunzi "Die Kunst des Krieges"
"WENN DU DEINEN FEIND KENNST UND DICH SELBST KENNST; BRAUCHST DU DAS ERGEBNIS VON 100 SCHLACHTEN NICHT ZU FÜRCHTEN"

Freitag, 3. Februar 2012





Magische Momente im Fußball
Thomas Kastenmaier Interview Teil I.
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Spielerinformationen
Geburtstag
Geburtsort
Größe
188 cm
Position
Vereine in der Jugend

bis 001989
SF Harteck München
TSV Milbertshofen
Vereine als Aktiver
Jahre
Verein
Spiele (Tore)1
1989–1990
1990–1998
9 (01)
182 (40)
Stationen als Trainer
2004–2005
2005
2007-2008
2008-2009
2009-2010
Borussia Mönchengladbach II
LR Ahlen
SC 1912 Wegberg
SC 09 Erkelenz
Sportvereinigung Oberaußem
1 Angegeben sind nur Liga-Spiele





Das Münchener Olympia-Stadion jubelte und kochte, an diesem  31. August 1989. Es war das 3:0 für den FC Bayern ,in der 69. Spielminute- die endgültige Entscheidung.  Was war passiert? Auch ich saß  begeistert vor der Sportschau,  hatte es gesehen. Da war dieser junge Thomas Kastenmaier, ein paar Minuten zuvor, in seinem 1. Bundesligaspiel eingewechselt worden und hämmerte den Ball ins Tor-Eck. Viele spektakuläre  Bundesliga-Tore - später für Borussia Mönchengladbach-  sollten, von diesem schussgewaltigen Spieler, noch folgen.

Seine Laufbahn, Spiele und Tore habe ich immer verfolgt. Nach der Karriere stieg  der gebürtige Milbertshofener  in die Trainerlaufbahn ein. Heute lebt der sympathische und unterhaltsame Bayer mit seiner Familie, in meinem Heimatort Erkelenz und betreibt "Kastes Fußballschule" für 6 bis 15-jährige. Ich treffe  Thomas Kastenmaier bei einem Kaffee zum Interview.  Eine Studie für mein Buch "Just Play"- The High Performance Mind.

I. Magische Momente im Fußball -Oder als die Zeit stehen blieb.

Dst: Was fällt Ihnen zum Thema magische Momente im Fußball ein? Welche Geschichten haben Sie in Ihrer Karriere erlebt?
Thomas Kastenmaier:
Naja, mein erster magischer Moment war, das erste Mal als Bundesligaspieler eingewechselt zu werden. Zuvor hatte ich, als  Vertragsamateur beim FC Bayern  20-30 mal, ohne Einsatz auf der Bank gesessen. Dann habe ich meinen ersten Profivertrag dort bekommen.  Ich bin dann im Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV, in der 60. Spielminute vor 50.000 Zuschauern, im Olympia-Stadion, beim Stand von 2:0, eingewechselt worden. Nach vielleicht 5 Minuten auf dem Platz, fiel mir der Ball vor die Füße, ich hab draufgehalten und "Bum der knallt genau ins Eck rein". 3:0 daheim im eigenen Stadion, bei der Kulisse. Sowas vergisst man natürlich nie. Da konnte man schon sagen, das war ein magischer Moment. Jetzt geht´s  richtig los mit Fußball spielen.

Das zweite war, als ich zum ersten Mal mit Bayern im Europa-Pokal - heute die Champions League- gespielt habe. Das Rückspiel bei Inter Mailand. Damals gegen Matthäus, Klinsmann und Brehme. Das Hinspiel hatten wir 0:2 verloren. Wir haben dann dort 3:1 gewonnen. Der magische Moment war als der Uli Hoeneß zu mir sagte: " Nun pass mal auf ,wenn du da aus dem Schlauch raus kommst." Er meinte den Tunnel zum Platz.  Wir hatten zwar schon am Vormittag, in diesem Riesen-Stadion trainiert, aber als ich da raus kam, habe ich erst  mal nur 5 Minuten Rumgestanden und gestaunt. So was habe ich noch nie gesehen." San Siro war damals schon aufgestockt gewesen, das Ding war rappelvoll, eine Stimmung, überall Feuer und Bengalos". Das war ein Wahnsinnsgefühl.

Na dann gab es sicherlich eine Reihe von Bundesliga-Spielen. Aber so richtig, hat man das dann nur, wenn du einen Titel holst. So wie 1995 - mit Borussia Möchengladbach- , den Pokal in Berlin. Gegen Wolfsburg (3:0), das war ein Highlight. Vor dem Hintergrund, dass wir zuvor, 1992 das Finale dort gegen Hannover 96 "vergeigt" hatten( 3:4 n. E.). Dieses Finale hatten wir verloren, ohne wirklich zu wissen warum.

Aber 1995, besonders die letzten 5 Minuten des Spiels zu erleben, dieses Gefühl, "Du es geschafft ". Wir hatten eine "Bomben-Truppe". Dann der Abpfiff- die Freude - der Jubel - endlich den Pokal zu in den Händen zu halten. Das war schon ein richtig magischer Moment.

Dst:  Sie waren doch zuvor mit dem FC Bayern schon Deutscher Meister geworden?
Thomas Kastenmaier:
Ja gut, aber nicht als Stammspieler. Du hast zwar die Schale auf dem Marienplatz in der Hand gehabt, aber im Hinterkopf hast du immer gedacht: "Naja, du hast zwar 10 Spiele gemacht, aber nicht einen solch großen Anteil daran gehabt". In Möchengladbach war ich hingegen Stammspieler.

Dst: Gab es in Ihrer Laufbahn, auch spezielle Spiele, wo alles gelungen ist, wo alles einfach gelaufen ist. Wo alles wie in einem "Flow" war?
Thomas Kastenmaier:
Wenn du als rechter Verteidiger über 40 Tore geschossen hast, besonders die Freistoß-Tore, dann sicherlich des Öfteren. "Wenn du den Ball hingelegt hast - du wusstest, das ist deine Entfernung - du bist der Schütze - deine Mitspieler erwarten es nun von dir - du triffst den Ball dann optimal und er geht über die Mauer drüber - und "das Ding" schlägt ein. Das ist dann schon eine richtige Genugtuung. Das geschah oft, wenn auch nicht immer. Dafür hatte ich es schon als kleiner Junge Trainiert. Selbst ,als ich noch in München in der Bezirksliga spielte, hatte ich das mit einer Holzmauer oder Jugendtor, immer wieder trainiert.
Fazit:
 Was ist eine Grundlage und Voraussetzung, diese magischen Momente zu erfahren?
Ein gewisses Talent vorausgesetzt, sind die Gedanken, in Verbindung mit Ängsten und Sorgen  für das Spielfeld zu langsam. In den meisten Spielsituationen ,ist keine Zeit lange zu überlegen - den  nächsten Doppelpass schnell zu spielen - den Torschuss abzuschließen, bevor ein gegnerisches Bein dazwischen ist.
Du hast du schneller zu spielen, als der Verstand denken kann. Du hast mit deinen Instinkten und deiner Leidenschaft zu spielen.
Was wäre geschehen, als dem jungen Thomas Kastenmaier, bei seinem ersten Bundeligaspiel, der Ball vor die Füße flog und gedacht hätte: "Soll ich nun direkt schießen oder nicht? - Was ist, wenn es nicht funktioniert? - Hier schauen gerade 70.000 Zuschauer im Stadion zu. - Oder soll ich doch besser zu einem Mitspieler abspielen?"......usw.....usw.... Kastenmaier hatte keine Zeit zu überlegen, schon bei seinem 1. Bundesligator wurde er von seinem Instinkt  geleitet.

Fortsetzung Teil II folgt